insbes. Renaissance, Humanismus, Reformation und Gegenreform
Die seit dem 14. Jahrhundert in Italien einsetzende Renaissance, deren geistige Komponente auch als Humanismus bezeichnet wird, brachte einen weiteren Aufschwung für das Latein. „Renaissance“ heißt „Wiedergeburt“, und das, was wiedergeboren wurde, war die Antike und der antike Geist. Francesco Petrarca war es, der sich als erster der Beschäftigung mit antiken Schriftstellern verschrieb und dabei das Studium alter Sprachen als Schlüssel zum humanistischen Bildungsideal beschrieb. 1423 reiste Giovanni Aurispa nach Konstantinopel und brachte von dort über 200 Codizes mit Texten antiker profaner Literatur nach Italien.
Es war Rettung fast in letzter Sekunde, denn bereits 30 Jahre später wurde Konstantinopel durch den osmanischen Sultan Mehmed II erobert, und damit ging der allerletzte Außenposten der griechischen Antike endgültig unter, wonach viele byzantinische Gelehrte nach Italien flüchteten, die wiederum Impulse für Wissenschaft und Kultur setzten. Der Geist des klassischen Altertums lebte nun in Italien weiter, wo man indes eifrig sämtliche Schriften Platons ins Lateinische übersetzte.
Wenn Reformation und Gegenreformation, deren Vertreter sich seit dem 16. Jhd. erbittert bekämpften, etwas gemeinsam haben, dann ist es das Bekenntnis zum Latein. Der Reformator Martin Luther veröffentlichte 1520 einen Sendbrief „An den christlichen Adel deutscher Nation / Von der Freiheit eines Christenmenschen“, worin zu lesen ist: „Vor allem soll das Studium der alten Sprachen nicht vernachlässigt werden, weil Gott in sie sein Gesetz und Evangelium gekleidet hat“. Auch für Luthers Mitstreiter Philipp Melanchthon bildete Religion, Ethik, Bildung und Sprache eine unauflösliche Gemeinschaft. In seinem Artikel „Einrichtung allgemeinbildender Schulen mit christlicher Unterweisung“ beschreibt er den Latein-Unterricht für Kinder: „Damit sie auch viel lateinische Worte lernen, soll man ihnen täglich am Abend etliche Wörter zu lernen fürgeben, wie von altersher die Weise in den Schulen gewesen ist“. Melanchthons Idee ist die Aufteilung der Kinder in drei Bildungsstufen (bei ihm „Haufen“ genannt). In der höchsten Stufe sollten die begabtesten Kinder Unterricht ausschließlich in Latein erhalten. Er selbst reformierte nicht nur die Kirche, sondern auch die Lateinische Sprache selbst und veröffentlichte 1526 seine Lateinische Grammatik, die sein erfolgreichstes Werk werden sollte. Die Gegenreformation förderte ebenfalls das Latein, in den Jesuitenschulen wurden eifrig lateinische Dramen gedichtet.
In der Verwaltung verlor Latein im 17. Jahrhundert an Bedeutung. Das letzte bedeutende Vertragswerk, das auf Latein abgefaßt wurde, war der Vertrag vom Westfälischen Frieden von 1648, wohl nicht zuletzt wegen der internationalen Bedeutung dieses Vertragswerkes. In der Wissenschaft, besonders in den Naturwissenschaften, konnte sich Latein bis ins 18. Jhd behaupten, als wichtigste Vertreter seien Newton, Galvani, Hobbes, Spinoza und Gauß genannt. Dadurch wurde das Neulatein um weitere Wörter bereichert, wie z.B. Television, Automobil, Neutron, interkulturell oder homosexuell.
In Ungarn und Polen blieb Latein bis ins 19. Jhd die einzige verwendete Amtssprache. Bedeutende Lateinische Dichtung gab es in Italien noch bis zu Beginn des 20. Jhd., z.B. durch Giovanni Pascoli.